Der Geschichtsunterricht allgemein ist tatsächlich europazentriert, einfach weil wir in Europa leben und Europa über Jahrhunderte tonangebend in der Welt war. Und mal ehrlich: für die Allgemeinbildung eines Mitteleuropäers ist's wohl wichtiger, was über Europa zu wissen als über Südamerika.
Was ich mit "preußenzentriert" meinte, ist die deutsche Geschichte. Im Grunde wird in der Schule immer noch das Geschichtsbild aus dem 19. Jahrhundert vermittelt - und das heißt eben, das Preußen toll für Deutschland und wichtig gewesen sei, von etwa Friedrich dem Großen bis zum Ende des 1. Weltkriegs.
Und Klopfers Aufzählung zeigt das sogar (Nebenbei, so tollen Unterricht wie du hatten wir im Eliteland NRW nicht): HRR vom Frühmittelalter an über Kreuzzüge und Reformation, dann Dreißigjähriger Krieg und danach verschwindet das HRR quasi von der Bildfläche und es werden hauptsächlich die Einzelstaaten betrachtet, vor allem Frankreich und Preußen als typische Vertreter des Absolutismus bzw. des aufgeklärten Absolutismus. Das Reich läuft im Unterricht längst nur noch unter ferner liefen und wird als toter Flickenteppich gesehen (was nicht stimmt, lange Geschichte). Ich würde sogar behaupten, dass die allermeisten Schüler (und bei einigen Lehrern tät's mich auch nicht wundern) Kaiser Joseph II. - das ist der mit Mozart - für den Kaiser von Österreich halten.
(Das war aber eine Menge ödes Gesabbel bisher, ich sollte zum Punkt kommen.)
Im Schulunterricht ist's aber richtig, dass man in den letzten Jahren besonders das 19. und 20. Jahrhundert durchnimmt (und da ja sogar international), weil's halt das ist, was uns noch am ehesten tangiert.
Klopfer, schlägst du da ähnlich wie ich die Hände über dem Kopf zusammen, wenn du hörst, dass NRW im Rahmen von G12 den Lehrplan für Geschichte zusammenstreicht und dabei die Weimarer Republik komplett rauslassen will? Ist doch eine super Maßnahme, man könnte ja auch dieses Dritte Reich rauslassen und gleich zur Nachkriegszeit gehen...
Himmel, was müssen in Düsseldorf für Leute sitzen...
1648 sind die Schweiz und die Niederlande klammheimlich aus dem Reich ausgetreten, und keiner hat's so richtig gemerkt und was dagegen unternommen.
Im 18. Jahrhundert gab es Krieg zwischen Staaten, die zum Reich gehörten, und das konnte das HRR auch nicht verhindern. Der Kaisertitel war damals mehr repräsentativ als irgendwas anderes. Der Reichsdeputationshauptschluss kurz vor Ende hatte zwar auch noch aufrüttelnde Wirkung, aber im Endeffekt war das so ein letztes Zucken.
Und ehrlich gesagt: Würde mich wundern, wenn überhaupt ein wesentlicher Anteil deutscher Schüler weiß, wer Joseph II. war.
O_o Ich würde mal behaupten, die Weimarer Republik ist ein verdammt elementarer Bestandteil, wenn man wissen will, wie es zum Dritten Reich kommen konnte und welche Lehren man daraus fürs Grundgesetz gezogen hat. Welche Napfsülze kommt denn auf die Idee, das wegzustreichen?