Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass den Leuten quasi guter, gründlicher Journalismus versprochen wird, aber auch regelmäßige Beiträge der bezahlten Journalisten. Manchmal dauert die Recherche für eine größere Sache auch mal ein halbes Jahr oder so. Soll derjenige Journalist dann trotzdem den von ihm erwarteten einen großen Text pro Woche abliefern? Was, wenn eine Idee/Spur ins Leere führt und mehrere Wochen Recherche für die Katz sind?
Es wird ja ausgiebig gegen den Online-Journalismus gekeilt: Nur auf Klicks aus, gut für Google zu finden etc. Aber umgekehrt heißt es auch: Die Leute klicken eben ausgiebiger auf die Krawallschlagzeilen, interessieren sich eher für irgendwelchen Boulevard-Quatsch oder polarisierenden Meinungsjournalismus. Inwieweit sind die Journalisten, die bei Krautreporter mitmachen, sich dessen bewusst, dass sie womöglich am Geschmack der meisten vorbeischreiben werden? Dass sie deutlich weniger Leser haben werden als z.B. bei Spiegel Online? Inwieweit werden sie von dem Bewusstsein motiviert, von vielen Leuten gelesen zu werden, und wie wird es sich auf die Motivation auswirken, wenn ein lang recherchierter, gründlich ausgearbeiteter Artikel nur 15000 Leser hat, während vielleicht der Artikel vom nächsten Krautreporter eine relativ simple Abrechnung mit der nächsten blöden Bemerkung eines Politikers über das Internet das Zehnfache an Lesern kriegt? Ich glaube, es ist illusorisch zu glauben, dass einen das nicht enttäuscht und zumindest unbewusst eine gewisse Ausrichtung näher am Massengeschmack bewirkt.
Ein bisschen muss ich natürlich auch meine eigenen Erfahrungen mit dieser Seite hier einbringen. Selbst wenn ich auf Klopfers Web was verschenke, ist (trotz der recht ordentlichen Besucherzahlen) die Resonanz der Leser zahlenmäßig absolut jämmerlich. Nach Facebook zu urteilen, empfiehlt auch kaum jemand was auf der Seite weiter. (Leute, worüber kommuniziert ihr mit euren Bekannten eigentlich? Nur Privatkram oder was? ) Da kann man gar nicht optimistisch bleiben, was solche Projekte angeht, die auf der Mithilfe der deutschsprachigen Internetsurfer angewiesen sind. Vielleicht sind wir einfach nicht das Volk für so etwas.