Frag den Hasen

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Heut früh war ich wählen und hab da etwas sehr merkwürdiges erlebt:

Ich hock da an dem Grundschultisch hinter der kleinen Pappabdeckeng und lese mir gerade mit viel Vergnügen die lustigen Namen der Kandidaten durch, als eine ältere Dame in das als Wahllokal umgestaltete Klassenzimmer, welches übrigens sehr schöne Kinderzeichnungen vom Maibaum an den Wänden hatte, kam.
Offensichtlich konnte sie trotz Sehhilfe in Form einer Brille nur schlecht sehen, so dass sie von einer nicht ganz so alten Frau begleitet und geführt wurde. Aber das Alter scheint es nicht besonders gut mit ihr gemeint haben, denn sie schien auch noch sehr schwerhörig zu sein. Jedenfalls redete sie sehr laut und ihre Begleitung schrie sie fast an. Mein Grinsen wurde mir schon fast peinlich als die Dame endlich nach dem vierten Anlauf ihre Wahlbenachrichtigungskarte rausrückte, um die Wahlzettel zu bekommen.
An dieser Stelle beschloss ich nun ein richtiges Arschloch zu sein und mir das Schauspiel bis zum bitteren Ende anzutun.
Die Dame ließ sich nun also an ihren Schultisch führen, auf dem sie übrigens bei weitem bequemer saß als ich, der sich fühlte wie aufm Schleifstein. Ihr Führerin überzeugte sich kurz davon, dass die gute Frau ihren angeleinten Kugelschreiber fand und setzte sich hinter den nächsten pappschirm, um selber ihre maximal vier Kreuzchen zu machen.
An dieser Stelle war ich schon bereit meine Wahl zu tätigen, da sich ja nun scheinbar alles beruhigt hat. Ich setzte also meinen Kugelschreiber an, um meine Stimme abzugeben, als sich plötzlich der schrille Ruf "HEIKE!" im Raum vernehmen ließ. Vor Schreck hätte ich fast das Kreuzchen quer über den Wahlzettel gestrichen. Ich dreht mich zu der lautstarken Dame um, denn von ihr kam der Hilferuf. Und siehe oder besser gesagt, höre da: "HEIKE! ICH KANN DAS NICHT LESEN! HILF MIR MAL!"
Nun war besagte Heike gerade selber damit beschäftigt, ihre Wahlalternativen durchzulesen und konnte nicht zu Hilfe eilen, was die schwerhörige Frau sichtlich erboste und ihr ein "HEIKE, NUN KOMM DOCH ENDLICH!" entlockte.
Doch statt der armen Heike, begab sich eine der anwesenden Wahlleiter/-helfer/-wasauchimmer zu dem nervigen Pappschirm und bot lautstark ihre Hilfe an, die nach kurzer Diskussion auch angenommen wurde. Nun rief die gute Seele dem alten Drachen also lautstark den Text der doch recht langen Wahlzettel zu. Ich fand diese Situation so absurd, dass ich mich fast nicht mehr zurückhalten konnte und drohte jeden Moment loszuprusten.
Nachdem der Vortrag beendet war, ließ sich die Dame noch zeigen, wo sie die Kreuzchen für die CDU machen müsse, inklusive der Aussage, dass ihr egal sei, welcher der Kandidaten dieser Partei nun ihre Stimmen kriege und die ersten drei einfach je eine bekommen sollten.
Nun war also das schwierigste durch und die nette Aushilfs-Heike durfte noch die Wahlzettel falten und mit der alten Vettel zu den Urnen gehen, wo sie ihr kuerzerhand den Wahlbenachrichtigungszettel aus der Hand nahm und ihre Wahlzettel einwurf.
Die gute Heike stand währenddessen schon bereit ihren Drachen wieder zu übernehmen und führte sie vorsichtig aus dem Raum und die Treppen zum Ausgang hinunter.
Und was schallte nun durch das Treppenhaus? Richtig, die nervige Stimme der alten Dame mit der lautstarken Rüge, was sich die böse, böse Heike denn einbilde, sie einfach so allein zu lassen und sie so vorzuführen und lächerlich zu machen.

Findest du nicht auch, dass sich die Heike schämen sollte? Ich erntete jedenfalls nur Lacher als ich darauf meinte, also wirklich, wie kann sie nur!

Horror... Aber eigentlich schon ein Verstoß gegen das Wahlgeheimnis. Im Wahllokal darf man doch gar nicht sagen, wen man wählt.