Auf lange Sicht wird er außenpolitisch Russland keinen Gefallen tun, wenn er weiter so offensichtlich mit dem Säbel rasselt. Ich weiß, das ist aus dem russischen Trauma vom 2. Weltkrieg geboren, weswegen Russland nie wieder schwach erscheinen will, und auch die Zeit in 80er/90er Jahren, in denen im Durchschnittsrussen das Gefühl aufgekommen ist, dass alle anderen Länder Russlands Wünsche ignorieren und den russischen Einfluss verringern. (Selbst wenn im Wesentlichen nur andere Völker ihr Selbstbestimmungsrecht ausgeübt haben und sich dabei von Russland lösten.) Aber es reduziert halt das Vertrauen der anderen Länder, wenn im Hintergrund immer die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung oder eines neuen Kalten Krieges lauert.
Innenpolitisch hat Putin zwei große Baustellen, und ich sehe derzeit nicht, dass die sich ändern. Russland wird auf längere Zeit zu sehr von seinen Bodenschätzen abhängig sein (was dazu führt, dass der Staatshaushalt im Wesentlichen vom Ölpreis abhängt), und die ausufernde Korruption wird auch auf absehbare Zeit nicht verschwinden. Der Umgang mit regierungskritischen Medien ist auch problematisch, aber derzeit für die russische Bevölkerung sicherlich weniger ein Knackpunkt; das könnte allerdings in Zukunft auch Schwierigkeiten machen, wenn die Leute zu einseitig informiert sind und deswegen auch die Politik in einigen Jahrzehnten auf dieser Informationsbasis aufbaut.