Frag den Hasen

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#41778 Wo wir gerade bei der Logik sind: (Achtung, Textwand!) - - - Der Satz A = A ist unmittelbar gewiß und evident. Er ist zugleich das Urmaß der Wahrheit für alle anderen Sätze; wenn ihm irgendwo einer widerspräche, so oft in einem speziellen Urteil der Prädikatsbegriff von einem Subjekte etwas aussagte, das dem Begriffe desselben widerspräche, würden wir es für falsch halten; und als Gesetz unseres Richtspruches würde sich uns, wenn wir nachsinnen, zuletzt dieser Satz ergeben. Er ist das Prinzip von wahr und falsch; und wer ihn für eine Tautologie erachtet, die nichts besage und unser Denken nicht fördere, wie dies so oft geschehen ist, von Hegel und später von fast allen Empiristen – es ist dies nicht der einzige Berührungspunkt zwischen den scheinbar so unversöhnlichen Gegensätzen – der hat ganz recht, aber die Natur des Satzes schlecht verstanden.

A = A, das Prinzip aller Wahrheit, kann nicht selbst eine spezielle Wahrheit sein. Wer den Satz der Identität oder des Widerspruches inhaltsleer findet, hat es sich selbst zuzuschreiben. Er glaubte in ihnen besondere Gedanken zu finden; was er hoffte, war eine Bereicherung seines Fonds an positiven Kenntnissen. Aber jene Sätze sind nicht selbst Erkenntnisse, besondere Denkakte, sondern das Maß, das an alle Denkakte angelegt wird. Dieses kann nicht selbst ein Denkakt sein, der mit den anderen sich irgend vergleichen ließe. Die Norm des Denkens kann nicht im Denken selbst gelegen sein. Der Satz von der Identität fügt unserem Wissen nichts hinzu, er vermehrt nicht einen Reichtum, den er vielmehr gänzlich erst begründet. Der Satz von der Identität ist entweder nichts, oder er ist alles.

Wenn ich endlich den Satz selbst, A = A, ausspreche, so ist offenbar der Sinn dieses Satzes nicht, daß ein spezielles A, das ist, ja nicht einmal, daß jedes besondere A wirklicher Erfahrung oder wirklichen Denkens sich selbst gleich sei. Das Urteil der Identität ist unabhängig davon, ob überhaupt ein A existiert, d.h. natürlich wieder keineswegs, daß der Satz nicht von jemand Existierendem müsse gedacht werden; aber er ist unabhängig davon gedacht, ob etwas, ob jemand existiert. Er bedeutet: wenn es ein A gibt (es mag eines geben oder nicht, auch wenn es vielleicht gar keines gibt), so gilt jedenfalls A = A.

Hiemit ist nun unwiderruflich eine Position gegeben, ein Sein gesetzt, nämlich das Sein A = A, trotzdem es hypothetisch bleibt, ob A selbst überhaupt ist. Der Satz A = A behauptet also, daß etwas existiert, und diese Existenz ist eben jene gesuchte Norm der Essenz. Aus der Empirie, aus wenigen oder noch so vielen Erlebnissen kann er nicht stammen, wie Mill glaubte; denn er ist eben ganz unabhängig von der Erfahrung, er gilt sicher, ob diese ein A ihm zeigen werde oder nicht. Er ist von keinem Menschen noch geleugnet worden und könnte es auch nicht werden, da die Leugnung ihn selbst wieder voraussetzte, wenn sie etwas, ein Bestimmtes leugnen wollte.

Da nun der Satz ein Sein behauptet, ohne von der Existenz von Objekten sich abhängig zu machen, oder über solche Existenz etwas auszusagen, so kann er nur ein von allem Sein wirklicher und möglicher Objekte verschiedenes Sein, das ist also das Sein dessen, ausdrücken, was seinem Begriffe nach nie Objekt werden kann; er wird durch seine Evidenz also die Existenz des Subjektes offenbaren; und zwar liegt dieses im Satz der Identität ausgesprochene Sein nicht im ersten und nicht im zweiten A, sondern im identischen Gleichheitszeichen A = A. Dieser Satz also ist identisch mit dem Satze: ich bin.

Das Prinzip aller Wahrheit sind die logischen Axiome, diese statuieren ein Sein, und nach diesem richtet sich, nach ihm strebt das Erkennen. Die Logik ist ein Gesetz, dem gehorcht werden soll, und der Mensch ist erst dann ganz er selbst, wenn er ganz logisch ist; ja er ist nicht, ehe denn er überall und durchaus nur Logik ist. In der Erkenntnis findet er sich selbst. Aller Irrtum wird als Schuld empfunden. Daraus ergibt sich, daß der Mensch nicht irren mußte. Er soll die Wahrheit finden; darum kann er sie finden. Aus der Pflicht zur Erkenntnis folgt ihre Möglichkeit, folgt die Freiheit des Denkens und die Siegeshoffnung des Erkennens. In der Normativität der Logik liegt der Beweis, daß das Denken des Menschen frei ist und sein Ziel erreichen kann.


und

Wenn ich den Satz A = A nicht anerkennen, ihn vielmehr zu widerlegen
versuchen wollte, so würde ich mich der Logik bedienen müssen, d.h. eben dieses
Satzes. Wenn ich mich irgendwo nicht nach ihm richtete, so würde es heißen, meine
Ableitung sei falsch. Der Satz selbst ist also das Kriterium von Wahr und Falsch, und
bereits der Maßstab meiner Deduktion, die Norm, die ich selbst an sie anlege, sowie
ich zu deduzieren beginne. Ich kann also nur alles Folgern ablehnen, mich des
Urteiles enthalten.

Ob ich den Satz nun zu widerlegen, oder auch, ob ich ihn zu
beweisen unternähme, er wäre beidemale schon in der Argumentation als wahr
vorausgesetzt, ich hätte des Resultat in beiden Fällen erschlichen. Der Satz bleibt also
eine These, die nicht bewiesen und nicht widerlegt werden kann. Ich kann mich um
ihn bekümmern, bin aber dazu logisch nicht mehr verpflichtet, denn die Logik gipfelt
eben in dem Inhalte dieses Satzes (und seinen beiden anderen Ausdrucksformen, auf
deren größere oder geringere Vorzüge vor einander hier nicht eingegangen werden
soll, den Sätzen vom Widerspruch und vom ausgeschlossenen Dritten).

Daß ich von ihm nicht loskommen kann, mag den pathologischen Psychologen interessieren, für
die Auseinandersetzung mit ihm ist es von keiner Bedeutung: ich kann auch von
verschiedenen anderen Dingen nicht loskommen, z. B. von mir selber. Die Logik läßt
sich also nicht beweisen, nicht ableiten aus etwas anderem: was zu beweisen war.


Aus dem Buch: Geschlecht und Charakter.

Was hältst du davon? Hoffe das ist kurz vor Weihnachten kein Hirnschmorer. biggrin.gif
Erstaunlich, wie jemand Banalitäten so zerreden kann. huh.gif Da war jemand sehr verliebt in seine eigenen Worte oder hielt sich für enorm tiefsinnig. biggrin.gif
(Dass A=A gleichbedeutend wäre mit "Ich bin", ist natürlich keine logische Schlussfolgerung, daran krankt seine Argumentation am Ende.)