Klopfer in Tokio
Im Jahr 2006 machte ich meinen dritten Urlaub in Japan. Diesmal allein, aber mit Internetanschluss im Hotel, weswegen ich beschloss, regelmäßig über meine Reise zu bloggen. Da ich meinen Blog von Myblog.de abgezogen habe, sammle ich die Tokio-Einträge hier. Ich habe nie etwas über meine Rückreise geschrieben, das möchte ich nun nachholen, allerdings nicht sehr detailliert, da die ganze Sache immerhin schon Jahre her ist. Eine Anmerkung zu den Zeiten, die unter den Überschriften angegeben sind: Die beziehen sich auf die deutsche Zeit, nicht auf die japanische. Um herauszufinden, wie spät es zu der Zeit in Japan war, muss man acht Stunden addieren. Die Bildrechte liegen natürlich alle bei mir, es wäre also schön, mich zu fragen oder zumindest lobend zu erwähnen, bevor man die Fotos selbst irgendwo verwurstet.
Found in Translation
(Geschrieben am 17. März 2006 um 14.05 Uhr)

Am 26. März geht's für mich wieder mal nach Tokio, und da ich in meinem Hotelzimmer einen Internetanschluss haben werde (so zumindest das Versprechen des Hotels), möchte ich euch während der Woche in Japan auf dem Laufenden halten, sowohl im Text als auch mit Bildern. Wer gerne auf das Tokio-Blog verlinken will, der kann diese Verknüpfung verwenden.
Ich hoffe, ihr schaut dann ab dem 27. März (an dem Tag komme ich in Tokio an) bis zum 3. April (am 4.4. reise ich wieder ab) regelmäßig rein!
With dreams of a distant love, I'm a wandering satellite...
(Geschrieben am 27. März 2006 um 8.50 Uhr)
Endlich bin ich angekommen. Losgeflogen bin ich in Tegel - da war es schon ein Abenteuer, überhaupt mal ins Flugzeug zu kommen, weil irgendein Mexikaner vor mir seinen Pass vorlegte, um auszureisen, aber nirgendwo seine Einreise vermerkt war. Außerdem gab es eine Art Stau an der Landebahn, der dafür sorgte, dass wir eine halbe Stunde zu spät abflogen. Im Flugzeug saß ich neben einem gestrandeten Wal, und was das für meine Bewegungsfreiheit bedeutete, kann man sich ausdenken. Zum Glück war das Elend nach gut anderthalb Stunden überstanden, als wir in Heathrow landeten. Dort regnete es nicht wie in Tegel, war aber ebenso grau. Die lange Schlange bei der Sicherheitskontrolle konnte mich dann auch nicht mehr erschüttern, die sorgte immerhin dafür, dass die Wartezeit auf meinen Anschlussflug nicht mehr drei Stunden, sondern nur noch zweieinhalb Stunden betrug. Als der Jumbo nach Narita schließlich abhob, hatte sich London dazu entschlossen, der Globalisierung zuliebe das Wetter aus Berlin zu übernehmen: Es schiffte. Außerdem war der Flug wieder zu spät dran. Diesmal saß ich neben einem dürren Japaner, allerdings fängt man auf einem Flug, der 11 Stunden dauert, dann sowieso an, jeden Unbekannten zu hassen, der in der Nähe ist und einem den Platz klaut. Es gab zwei Mahlzeiten, bei denen ich immer den Kompromiss zwischen Hunger und Vergiftung finden musste. Warum muss Flugzeugessen immer muffig oder sauer schmecken? Und warum bestand das "Hühnchen" zu 80% aus Fett?

So gegen 4 Uhr konnte man dann endlich Japan sehen... zumindest einen entfernten Berg, dann die Stadt Niigata (allerdings war meine Sicht durch den Flügel der Boeing sehr eingeschränkt). Bei der Landung erlebte ich wie schon in London etwas, was ich nie verstehen werde: Warum stellen sich fast alle Leute mit ihrem Gepäck in den Gang, sobald das Flugzeug steht? Hat das irgendeinen Sinn, wenn die Tür noch nicht einmal offen ist? (Wenigstens waren es Linienflüge, da klatscht immerhin keiner bei der Landung, nur weil der Pilot die Arbeit macht, für die er ausgebildet ist.)
Na ja, jedenfalls hatte ich mich auf dem Langstreckenflug nicht einmal aus meinem Sitz bewegt, und daher führte mich mein erster Weg aufs Klo. Dann durch die Passkontrolle, Tasche abholen und einen Busfahrschein kaufen. Der "Friendly Airport Limousine Bus" fährt mit verschiedenen Linien vom Narita-Flughafen aus bestimmte Hotels und Bahnhöfe in Tokio an, unter anderem auch mein Hotel. Und das ist wichtig: Narita liegt 60 Kilometer von Tokio entfernt, man tut sich also keinen Gefallen, wenn man ein Hotel in Flughafennähe nimmt. Der Bus kostet pro Fahrt 3000 Yen, etwa 25 Euro. Das klingt erstmal viel, allerdings wird man für ein Taxi gerne mal mehrere hundert Euro los, während ein Zug etwa so viel kostet wie der Bus, allerdings so gut wie keinen Platz für Gepäck bietet und nicht direkt am Hotel hält.

Die Fahrt bis zum Keio Plaza dauerte etwas länger als anderthalb Stunden, auch wegen diverser Staus. Da es in Japan eine Autobahnmaut gibt, mussten wir auch dort durch. Als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal hier war, erwischte ich einen Fahrer, der es sehr eilig hatte und volle Möhre auf die Mautstationen zuhielt, in einem unerschütterlichen Gottvertrauen, dass der Wächter rechtzeitig die Schranke öffnet. Inzwischen fahren die hier aber sehr viel vorsichtiger.

Der Bus hielt zunächst am Bahnhof von Shinjuku, dem belebtesten Bahnhof der Welt. Und dort stieg wirklich jeder außer mir aus. War mir fast ein wenig peinlich, dass der Fahrer sich wegen mir einige zusätzliche Minuten durch den Verkehr schlagen musste, nur weil ich nicht als Penner auf der Bank im Bahnhof übernachten will.

Und jetzt sitze ich in meinem coolen Hotelzimmer im 31. Stock mit einem fantastischen Blick auf Tokio. Ich hab Internet, Fernsehen und natürlich ein verschärftes Klo, dank dem ich alles mit warmem Wasser abspritzen kann, was es an meiner Rumpfunterseite nötig haben könnte. Den Wasserdruck kann man auch einstellen, allerdings kann man sich dadurch auch einen gepflegten Einlauf verpassen, wenn man den Druck zu stark wählt. Diese Hygienefunktion hat allerdings auch eine gute Berechtigung: Japanisches Klopapier ist wahnsinnig dünn und kaum zu mehr als zum Abtrocknen zu gebrauchen. (Übrigens sind auch die Taschentücher so dünn und halten keinen Schnupfen deutscher Bauart aus.)

So, es ist jetzt fast 16 Uhr, da werd ich mal rausgehen und ein bisschen die Umgebung erkunden. Hunger und Durst hätte ich auch, und die Minibar möchte ich auch nicht plündern, auch wenn es dort lecker Schweiß gibt.

Take the pain away, lead me with your light...
(Geschrieben am 27. März 2006 um 12.56 Uhr)
Da ich nun doch langsam starke Ermüdungserscheinungen spüre, beschränkte sich mein Erkundungsausflug lediglich auf eine Stunde. Obwohl ich Shinjuku bereits von früheren Urlauben kenne, so muss ich doch rauskriegen, ob es hier in der Nähe einen richtigen Supermarkt gibt und ob noch ein näherer McDonald's existiert. Zum ersten: Es gibt hier zwar die Combinis, welche alles für den täglichen Bedarf bieten und rund um die Uhr offen sind, aber die sind in Shinjuku nochmal einen Happen teurer. Und was den McD angeht: Ich bin einfach faul und will keine 500 Meter laufen. Es gibt in Japan scheinbar mehr McDs als in den USA, und in Shibuya stolpert man auch alle paar Meter über das goldene M, warum also nicht auch in Shinjuku?





Grad erst 16 Uhr und schon wieder müde...
(Geschrieben am 28. März 2006 um 9.10 Uhr)
So, dieses mal ist der Titel nicht aus dem Lied "Spirit Dreams Inside" von L'Arc en Ciel geklaut. Und weil sich einige Leute Fotos von mir gewünscht haben, zeig ich mal eins, welches ich heute morgen im Hotelzimmer machte.


Mein zweiter Tag in Tokio. Es ist jetzt 16 Uhr, und ich habe meinen ersten Ausflug heute hinter mich gebracht. Ich schlug mich zum Bahnhof durch, kämpfte mich durch die Massen und fuhr zunächst bis zum Hauptbahnhof von Tokio. Bei meinen bisherigen Besuchen hab ich es nie geschafft, die historische Seite des Bahnhofs zu betrachten, die 1914 gebaut wurde. Die modernere Ostseite ist einfach nur ein schwarzer Kasten. Nun hab ich auch dieses Pflichtprogramm hinter mich gebracht, und ich muss ehrlich sagen, dass es irgendwie beruhigend ist, auch mal ein altes Gebäude in dieser Stadt zu sehen, die alle paar Jahre die meisten Häuser einreißt, um schmalere, höhere und oft auch hässlichere graue Betonbauten hinzustellen.


Danach ging es zur Electric Town Akihabara. Schon seit Jahrzehnten ist Akihabara als Mekka für alles bekannt, was mit Elektronik zu tun hat, angeblich gibt es hier alles, was irgendwie mit Strom betrieben werden kann, ob in größeren Kaufhäusern oder aber in kleinen Läden in den Seitengassen. Seit einiger Zeit ist Akihabara aber auch das Paradies für alle Manga-, Anime- und Videospielefans. Sega betreibt hier eine Spielhalle, viele Manga/Anime-Shops haben sich angesiedelt, und so blüht hier im Kanda-Stadtviertel, welches eigentlich für seine vielen Buchhandlungen bekannt ist, auf einen bestimmten Bereich beschränkt eine kleine wilde Subkultur, die aber so einiges präsentiert, was man gern als typisch japanisch versteht.


Ich hab hier auch einige Bücher eingekauft, sowie ein paar der japanischen Version der Überraschungseier, die man hier aus Automaten ziehen kann, preislich zwischen 100 Yen und 500 Yen liegend. Der Großeinkauf hier muss aber noch warten. Leider führt der Laden, der letztes Jahr noch eine riesige Auswahl an Zugmodellen hatte, nun so gut wie keine mehr, also muss ich woanders suchen, um das Mitbringsel für meinen Bruder Steffen zu finden.


Zurück in Shinjuku gab ich erstmal viel Geld für weitere Bücher aus, im Wesentlichen Lehrmaterial für japanisch und englisch-japanische Doraemon-Mangas. Doraemon ist eine sehr berühmte Roboterkatze aus einem Manga, der die Japaner bereits seit einigen Generationen begleitet. Doraemon wurde aus der Zukunft geschickt, um den Jungen Nobita, der faul und etwas doof ist, vor Schaden zu bewahren. Das versucht er, indem er aus seiner Tasche immer neue Gimmicks zieht, die Nobita dann aber irgendwie missbraucht und im Schlamassel landet. Sehr vergnüglich, aber wohl nichts für den deutschen Markt, da nicht aufregend genug.
Ich besorgte mir auf dem Rückweg ins Hotel auch noch was zu Essen. In Kombinis (diesen 24-Stunden-Shops, die ich bereits erwähnt hatte) kann man sich Mahlzeiten aussuchen, die in der Mikrowelle gewärmt und dann eingepackt werden. So hatte ich heute also zwei Portionen Spaghetti, die einigermaßen gut schmeckten und relativ billig sind. Ich gönnte mir auch den Luxus zweier Kartons Kakao. Kakao findet man hier nicht in jedem Laden, und wenn, dann meistens auch nicht in großer Quantität. Ich versuche mir das so zu erklären, dass Japaner Milch nicht so gut vertragen, allerdings klärt das nicht die Frage, warum man hier durchaus pure Milch und noch mehr Milchkaffee in den Läden findet. Kaffee gibt's hier sowieso reichlich, ebenso wie Tee. An bestimmten Automaten kann man sich oft mindestens zwischen 10 Sorten Kaffee und 10 Sorten Tee entscheiden, nur ganz selten ist auch da mal Kakao dabei. Dabei hasse ich Kaffee, und japanischer grüner Tee ist auch nicht gerade etwas, für das ich über Leichen gehen würde. (Übrigens sind die Automaten hier durchaus in der Lage, kalte und heiße Getränke in Dosen anzubieten.) Der Kakaomangel ist ein echtes Defizit in Japan. Fast so schlimm wie die öffentlichen Abfalleimer. Die gibt's nämlich noch seltener als Kakao.

Shake it, Baby!
(Geschrieben am 28. März 2006 um 16.31 Uhr)
Es ist jetzt 22.35 Uhr, und eben hat die Erde gebebt. Nicht doll, aber das Bett hat doch recht auffällig gewackelt. Mal sehen, ob noch ein größeres Erdbeben kommt oder ob nur ein paar kaum bemerkbare Nachbeben folgen.



Wie auch immer: Nachdem es dunkel geworden ist, bin ich nach Kabuki-chô, einem kleinen Viertel im Ostteil Shinjukus. Entgegen seinem Namen gibt es hier kein Kabuki zu bestaunen, sondern vielmehr Laster, Lust, Vergnügen, Karaoke und Pachinko.


Das Viertel ist vollgestopft mit Clubs, in denen man wahrscheinlich Frauen beim Ausziehen zugucken und vielleicht auch Kontakte knüpfen kann, natürlich gegen Scheine. Echte Prostitution ist in Japan eigentlich nicht erlaubt, allerdings ist es wohl nicht unüblich, dass es beispielsweise bei der Öl-Massage auch mal zum Verkehr kommt. Ausprobiert hab ich allerdings nichts.



Angst vor dem schwarzen Mann? Nein, aber vorsichtig sollte man sein. Sonst sieht man in Japan keine Schwarzen, hier aber kann man sich vor ihnen nicht retten, da sie versuchen, Ausländer in die teuren Clubs zu locken. So wurde ich innerhalb von fünf Minuten sieben Mal angesprochen, und wenn man nicht zügig weitergeht, verfolgen die einen noch ein paar Meter.


Wenn man kein offiziell käufliches Mädchen, sondern eine nette Begleitung (die sich vielleicht nur nach Liebe oder LV-Taschen sehnt) gefunden hat, geht man ins Hotel. Die Hotels hier sind vornehmlich zum Vögeln gedacht. Nein, kein Scherz: Auch wenn man hier ebenfalls übernachten kann, so bieten diese Hotels ihre Zimmer für ein paar Stunden an. Oft sind diese Zimmer auch besonders nach bestimmten Themen eingerichtet (Karaoke-Maschinen sind keine Seltenheit, deswegen ist das Angebot für Karaoke zu Zweit ja auch eine Einladung zum Poppen) und halten Kondome bereit, damit das Stelldichein auch sicher wird. Die Hotels werden nicht nur von geilen Teenagern oder riemigen Ehebrechern benutzt, sondern auch von normalen Ehepaaren, da diese Hotels etwas dickere Wände bieten als die normalen Wohnhäuser. In vielen der so genannten Love Hotels kann man anonym an einem Schalter einchecken.

Ich hab vor einem der Hotels, welches in einer Seitenstraße lag, ein lustiges Pärchen gesehen. Er war Ausländer und hatte eine Japanerin an der Hand, die ihn lachend und energisch ins Hotel ziehen wollte. Er jedoch hat anscheinend gar nicht geschnallt, dass er echt Schwein hat, und beschwerte sich, was sie da will, und dass er da kein Geld für ein paar Stunden im Hotel ausgeben mag, wenn er doch schon ein Zimmer hat. Dabei wissen wir alle: Wenn ein Mädchen schonmal fruchtig ist, sollte man keine Zeit verlieren.

Ich jedenfalls hatte keine nette weibliche Begleitung gefunden und machte mich wieder auf den Weg ins Hotel, nicht jedoch ohne noch ein paar weitere Fotos der beeindruckenden Leuchtreklamen in der Nähe des Bahnhofs zu machen.


PS: Ich hab Pocari Sweat jetzt mal probiert. Wenn es kalt ist, schmeckt es sogar einigermaßen. Sobald es allerdings Zimmertemperatur erreicht hat, kann man es wegkippen.
Ich fühl mich so beschissen... ^^;
(Geschrieben am 29. März 2006 um 16.57 Uhr)
Heute gibt's mal nur einen Blog-Eintrag. Der Grund: Ich hab mir ne Erkältung eingefangen. Jetzt ist sowas schon ziemlich eklig, wenn man zu Hause ist, aber in Japan ist es gleich dreimal so scheiße. Ich hatte ja schonmal erwähnt, dass japanische Taschentücher sehr dünn sind und keinen Schnauber aushalten. Außerdem ist es in Japan absolut verpönt, sich in der Öffentlichkeit die Nase zu putzen. Man soll lieber hochziehen, und das machen die Japaner auch mit Inbrunst, was ziemlich widerlich ist, wenn man direkt neben so einer Person sitzt. Jedenfalls, als ich von meinem heutigen Ausflug gegen 14 Uhr wieder zurück kam, war ich so fix und fertig, dass ich erstmal ins Bett gefallen bin. Ich hoffe, morgen geht es mir sehr viel besser.
Heute ging es nach Odaiba. Odaiba ist eine künstliche Insel in der Bucht von Tokio, die vor Urzeiten mal eine Küstenfestung beherbergte und dann bis vor einigen Jahren total vergessen wurde, bis man sich in den 80er Jahren darauf einigte, ein Geschäftszentrum darauf zu errichten. Die Wirtschaftskrise sorgte dann dafür, dass der Schwerpunkt mehr auf die Unterhaltung verlagert wurde. Bis heute wird auf der Insel gebaut.

Die Insel ist mit dem Festland über die Rainbow Bridge verbunden, eine große weiße Hängebrücke, die nachts angeblich farbig angeleuchtet wird, ich hab das allerdings noch nicht gesehen. Als öffentliches Verkehrsmittel bietet sich die Yurikamome-Linie an. Das ist eine automatisch gesteuerte Hochbahn, die im Bahnhof von Shimbashi losfährt, unter der Rainbow Bridge entlang gondelt und an den wichtigsten Zielen der Insel hält.



Fast direkt daneben ist das Venus Fort, dessen Glanzstück ein Nachbau einer kleinen verträumten europäischen Fantasiestadt voller Geschäfte ist. Außerdem gibt es dort ein Automuseum von Toyota, in dem aber auch andere Hersteller ausgiebig gewürdigt werden. Toyota betreibt auch das Megaweb-Center, in dem so ziemlich alle aktuell von Toyota gebauten Modelle ausgestellt sind (sowie von den Herstellern, bei denen Toyota seine Finger im Spiel hat, wie Daihatsu oder Crown). Man darf dort auch Probefahrten machen, und wer keinen Führerschein hat, der darf für 200 Yen mit einem elektronisch gesteuerten Kleinwagen auf einem festen Parcours fahren.


Man findet dort auch mehrere Spielhallen, in denen ich mich vergnügte. Ich hab an den Spielautomaten festgestellt, dass ich ein schlechter Trucker, ein schlechter Pilot und ein schlechter Hundehalter bin. Danke für die Traumata, Japan.




Irgendwie bin ich dann auch noch in eine japanische Tierhandlung geraten, und die Zustände dort haben mich entsetzt. Etwa 4/5 der Fläche gehen für Kram wie Spielzeug und Tierklamotten drauf, im restlichen Fünftel sind junge Katzen, Hunde, Hasen, Frettchen, Chinchillas, Mäuse, Vögel und sogar ein Affe eingepfercht, und das in Gehegen, die nichtmal einen Quadratmeter Grundfläche haben. Ein besonders großer Hase für über 1000 Euro war in einem Käfig, der grad mal doppelt so groß war wie er, und als er mich sah, versuchte er sich durch die Gitterstäbe zu kratzen. Tut mir echt Leid, Artgenosse, ich hätte dich gern befreit. Leider durfte man auch keine Fotos machen. Japan ist in manchen Dingen echt krank.

Übrigens gibt es dort noch eine weitere Spielhalle, die SEGA Joypolis, die wirklich unverschämt ist. Man muss sich am Eingang an Automaten ein Ticket kaufen, um überhaupt reinzukommen. Für die Spiele werden dann nochmal Extrakosten fällig. Deswegen hab ich den Laden auch nur von außen gesehen.




Da mein Schnupfen langsam richtig lästig wurde, fuhr ich mit der Yurikamome wieder zurück nach Shimbashi und stieg dort in die Yamanote-S-Bahn. Die Yamanote ist die japanische Ringbahn, die so ziemlich alle wichtigen Punkte in Tokio abfährt (vorausgesetzt, man zählt den Kaiserpalast, Tokyo Disneyland und den Hello Kitty Freizeitpark nicht dazu) und für eine Umrundung etwa eine Stunde braucht. Die Berliner Ringbahn braucht ebenfalls so viel Zeit, deckt aber überhaupt keine wichtigen Orte ab, was wieder einmal mehr zeigt, was für ein Pupsnest Berlin gegen die japanische Hauptstadt ist.

Weil es vielleicht interessiert: Taschentücher kriegt man in Japan an jeder Ecke überreicht als Werbegeschenke. Die Tücher sind zweilagig, allerdings sind die Lagen auch nicht so dick wie bei deutschen Taschentüchern. Der Erfolg liegt auf der Hand.

In den Kommentaren zum letzten Eintrag kam die Frage auf, ob die Japaner denn nun doch gut englisch sprechen, wenn ausländische Namen so groß in Mode sind. Die Antwort: Wenn man nicht grad mit Hotelangestellten redet, so stellt sich recht schnell heraus, dass die meisten Japaner gar kein Englisch können. Die haben das jahrelang als Pflichtfach (einzige Fremdsprache in der Schule) und sind schon mit dem Alphabet überfordert. Die ganzen ausländischen Zeichen sind für Japaner eher eine Art Schmuck, und wenn Japaner mal solche Wörter lesen können, dann sind es besonders bekannte Marken. Wer sich mal einen Spaß machen will, der gehe mal in eine japanische Buchhandlung und frage nach einem Buch. Die angesprochene Person wird in heller Aufregung jemanden suchen, der das Alphabet lesen kann und einen Stift und einen Block besitzt, diese Person wird dann drei Minuten rumrätseln, was mit den Worten gemeint ist (selbst wenn man es in Romaji schreibt) und sich dann erst auf die Suche machen.
Ebenfalls gefragt wurde, wo der Unterschied zwischen Tokio und Tokyo liegt. Tokio ist die Schreibweise laut Duden, Tokyo ist eine Umschrift für Tôkyô, was eigentlich korrekt wäre, wenn man nach den Schriftzeichen geht.
Betthase
(Geschrieben am 30. März 2006 um 15.41 Uhr)
Tja, heute gibt's nichts zu schreiben. Aufgrund meines Gesundheitszustands hab ich mich entschlossen, im Bett zu bleiben. Ich hab heute 21 Stunden geschlafen, meine Taschentücher gehen langsam zur Neige und ich könnte mich prügeln, dass ich so viel Zeit mit Kranksein vergeude. Wenigstens geht es mir jetzt etwas besser, und übergeben hab ich mich heute auch noch nicht (allerdings hab ich heute auch nichts gegessen).
Eigentlich hätte ich ja Lust auf etwas Obst, aber das verkneife ich mir besser. Eine Banane kostet hier etwa 2,50 Euro, eine Mandarine auch noch etwa 2,15 Euro.
Ich bin ja auch leicht enttäuscht vom Fernsehprogramm. Ein Sender bringt abends immer Hollywoodfilme im Original mit japanischen Untertiteln. Gestern kam Space Cowboys, heute nur irgendein Footballfilm von Oliver Stone.
Heut ist ein guter Tag zum Sterben
(Geschrieben am 31. März 2006 um 19.04 Uhr)

Heute ging es wieder nach Akihabara, weil ich diesmal einige Besorgungen machen wollte. "Nanu, will der uns jetzt mit alten Kamellen langweilen?", fragt ihr euch sicherlich. Und wer mich kennt, der weiß, dass ich das ohne mit der Wimper zu zucken machen würde. Aber lest einfach trotzdem weiter.

In den Waggons der Yamanote-Linie sind über den Türen jeweils zwei Flachbildschirme. Auf dem einen läuft meistens Werbung, auf dem anderen wird die Strecke angezeigt, die nächste Station und wann der Zug an den nächsten Bahnhöfen eintreffen wird. Ebenfalls angezeigt wird aber auch, bei welchen Bahnlinien Verspätungen auftreten und aus welchen Gründen. (In Japan geht das noch, weil Züge dort fast immer pünktlich kommen. Das ist der japanischen Kunst der Miniaturisierung zu verdanken. Unter dem Fahrersitz steckt ein kleiner Samurai, der dem Lokführer die Eier absäbelt, wenn er trödelt.) Jedenfalls waren heute gleich fünf Bahnlinien von Verspätungen betroffen, und alle aus demselben Grund: "Accident" Allerdings ist sofort klar, dass es sich dabei nicht um Unfälle handelt, es haben sich Leute bewusst dafür entschieden, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Normalerweise wird auch die Yamanote gerne dafür benutzt, das hab ich aber zumindest in diesem Jahr noch nicht feststellen können. Vor einigen Jahren bat die Verwaltung des Bahnhofs Shinjuku auf einem Schild angeblich auch darum, wenigstens nicht zur Hauptverkehrszeit auf die Gleise zu springen, das Schild verschwand allerdings recht schnell wieder. Schade, ich hätte gern gewusst, ob es was gebracht hätte.

In Akihabara machte ich meine Einkäufe (leider hab ich nicht alles gefunden - Pech) und suchte dann das Tokioter Verkehrsmuseum auf. Die Tickets für das Museum löst man passenderweise am Ticketautomaten, innen schmeißt man sie dann aber doch nur in eine normale Pappbox. Der Atmosphärenbonus geht dabei wieder etwas verloren, schade. Das Museum selbst hat mir aber sehr gefallen, da es anders als die meisten Museen nicht nur zum Angucken, sondern auch zum Mitmachen einlädt: So gibt es Fahr- und Flugsimulatoren, Lokführerstände, Nachbildungen von Abteilen zum Ausprobieren des Sitzkomforts, Modellbahnen und so einiges mehr. Den Kindern dort hat es jedenfalls riesigen Spaß gemacht.











Nach dem Ausflug ins Museum taten mir dann aber auch die Füße höllisch weh, weswegen ich mich auf den Weg zurück ins Hotel machte. Ich hatte das Pech, im Zug stehen zu müssen, die volle halbe Stunde lang. Die Linien, die wegen der Unfälle nicht fuhren, waren übrigens immer noch nicht fahrbereit. Bevor ich ins Hotel ging, besorgte ich mir noch in einem Restaurant mit schottischem Namen frittierte Kartoffelstäbchen, Hähnchenmedaillons und ein limonadenhaltiges Erfrischungsgetränk. Kurz: Ich war bei McDonalds. Im Hotel stellte ich dann noch fest, dass das Zimmermädchen die Taschentuchbox im Zimmer nicht neu aufgefüllt hatte. Ich muss ihr wohl einen Zettel schreiben.
Ich ging schließlich ins Bett, denn gesund bin ich immer noch nicht, und mein Husten ist schlimmer geworden. Wenigstens konnte ich ein bisschen schlafen.
Wieder was Neues
(Geschrieben am 2. April 2006 um 19.30 Uhr)
War mein größtes Problem bisher der Schnupfen, so ist es jetzt mein Husten. Ich hab inzwischen schon Bauchmuskelkater und bin hin- und hergerissen zwischen der Freude, bald wieder zu Hause meine Krankheit auskurieren zu können, und der Trauer, dass ich manche Dinge in Tokio wohl nicht mehr schaffen werd. Da es gestern aus diversen Gründen nicht mit einem Blogeintrag geklappt hat, gibt's heute dafür einen längeren.

Am Samstag ging's zum zweitbelebtesten Bahnhof Tokios: Ikebukuro. Als ich am Bahnsteig stand, beobachtete ich wiederholt ein sehr merkwürdiges Verhalten, was mir wohl nie jemand schlüssig erklären kann: Die Japaner rennen wie die Blöden, um den Zug zu erreichen, schmeißen sich in die Tür und zwängen sich gerade so noch rein. Das könnte ich vielleicht noch verstehen, wenn der Zug nur alle halbe Stunde käme - aber die Yamanote fährt alle zwei bis drei Minuten.
Ikebukuro ist international nicht ganz so bekannt wie Shibuya und Shinjuku, was vielleicht daran liegt, dass es hier nicht unbedingt etwas Besonderes gibt: diverse Kaufhäuser, eine Art Vergnügungsmeile mit Spielhallen, Geschäften und vielen Leuten, die einem Werbung in die Hand drücken.

Bei der Gelegenheit möchte ich auch noch etwas über japanische Kaufhäuser sagen. Ein Autor von Japan-Reiseführern meinte mal, in einem japanischen Kaufhaus könnte man alles finden. Das stimmt so nicht. Die meisten japanischen Kaufhäuser sind für Männer der wahre Horror. In den Untergeschossen gibt es immer Fressalien, dabei auch so schöne Sachen wie lebende Tintenfische. Im Erdgeschoss (in Japan immer gleichbedeutend mit der ersten Etage) findet frau Kosmetik und Accessoires. Die Stockwerke 2-4 sind nur für Frauenkleidung. Im 5. Stock finden auch die Männer was zum Anziehen, allerdings ist es nicht unüblich, dass hier auch noch etwas für die Frau zu finden ist. Der 6. Stock sind Kindersachen, Spielzeug und Frauenklamotten, im 7. gibt es Zeug für die Wohnung, eventuell etwas Sportzubehör und im Allgemeinen auch noch Kleidung für die Frau. Im 8. Stock sind dann Restaurants. (Die Etagennummern können natürlich von Kaufhaus zu Kaufhaus abweichen, Fakt ist aber, dass diese Dinger im Wesentlichen dazu da sind, Frauen einzukleiden.) Eine Elektronikabteilung gibt es in den meisten Kaufhäusern nicht. Zum Glück gibt es Tokyu Hands, eine Kette von Kreativkaufhäusern, in denen man Spielzeug, Kostüme, Handyschmuck, Heimwerkermaterialien, Zeichen- und Designkram und so einiges mehr finden kann. Einige meiner schönsten und sinnlosesten Besitztümer stammen aus Tokyu Hands Kaufhäusern. Leider ist es immer schwierig, in Geschäften zu fotografieren.



Ikebukuro ist stolz auf seine Sunshine City, ein wohlklingender Name für diverse Gebäude, die eigentlich gar nichts miteinander zu tun haben und sich auch gar nicht ähnlich sehen. Das "Sunshine 60"-Hochhaus ist das höchste und bekannteste Gebäude der Sunshine City. In seinem Inneren sind viele Restaurants, Klamotten- und Spielzeuggeschäfte untergebracht, außerdem wird an der Fassade ein "World Import Mart" angekündigt. Finden tut man da drin allerdings keinen Laden, den man wirklich sucht, hab ich feststellen müssen. Die Wegweiser haben da überhaupt nicht weitergeholfen.



Jedenfalls machte ich in Ikebukuro einige Einkäufe, spendete etwas für die Erdbebenopfer in Niigata und machte mich wieder auf den Weg ins Hotel.
Heute war es dann an der Zeit für etwas Kultur. Im Yoyogi-Park liegt der Meiji-Schrein, den ich (wenn ich schon keine Zeit für einen richtigen Tempel hatte) besuchen wollte. Der Meiji-Kaiser war derjenige, in dessen Amtszeit der Untergang des Shogunats fiel und Japan den Anschluss an den Rest der Welt fand, um nicht kolonialisiert zu werden. So wurde zum Beispiel nach europäischem Vorbild die erste japanische Verfassung in Kraft gesetzt. Der Kaiser starb 1912, seine Frau 1914, und 1920 wurde ihnen zu Ehren dieser Shinto-Schrein errichtet, in dem seitdem ihre sterblichen Überreste aufbewahrt werden. Das Schreingebäude wurde im Krieg zerstört und später neu erbaut, was touristisch gesehen wohl nicht die schlechteste Entscheidung war: Ich habe noch nie so viele Nichtjapaner auf einem Haufen in Tokio gesehen.





Der Yoyogi-Park liegt am Bahnhof von Harajuku. Harajuku gilt als eines der hippen Modeviertel für Punks und Gothic Lolitas, inzwischen aber auch für Hip Hop. Die japanische Idee von Punk hat nicht viel mit Aussteigen oder Ablehnung von Kommerz zu tun. In japanischen Punk-Shops kann man Unsummen für seine Protestklamotten bezahlen, auch wenn das nicht überall so sein muss. Gothic Lolitas sind dagegen einfach Gruftiemädels, die sich in weite, ausladende Rüschenkleider schmeißen und mit "Lolita" so gar nichts zu tun haben. Hauptkonzentrationspunkt des ganzen Spektakels ist die Takeshita-Dori, eine kleine Fußgängerzone, deren Bedeutung man schon daran erkennt, dass sie einen Straßennamen hat, was in Tokio eine Seltenheit ist. Wenn man sich durch die Menschenmassen dort quetscht (in denen sowohl Punks als auch Gothic Lolitas die absolute Minderheit stellen) und die Geschäfte auch nur von außen anguckt, kriegt man schon einen ziemlich guten Eindruck davon, was bei Japans Jugend so angesagt ist.






Am Bahnhof von Harajuku befindet sich auch eine kleine Brücke, von der es heißt, dass sich jeden Sonntag unzählige Cosplayer, Punks, Gothlolis und junge Bands dort versammeln, um sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. In Wirklichkeit ist das seit Jahren rückläufig, und die wenigen Verkleideten werden von der Zahl der Fotografen spielend um das Fünf- bis Zehnfache übertroffen.


Nach dieser Ernüchterung ging es nach Shibuya. In Shibuya ist die berühmte große Kreuzung, über die bei einer Grünphase schätzungsweise einige hundert Leute marschieren. Um zu dieser Kreuzung zu gelangen, muss man den Bahnhof am Hachiko-Ausgang verlassen. Dieser Ausgang ist zu Ehren eines Hundes benannt, der sein Herrchen (einen Uniprofessor) jahrelang vom Bahnhof Shibuya abholte. Der Professor starb 1925, der Hund jedoch kam weitere 10 Jahre täglich zum Bahnhof und wartete auf sein Herrchen, bis er schließlich selbst aus dem Leben schied. Hachiko wurde zum Inbegriff des treuen Hundes und steht heute ausgestopft in einem Museum. Vor dem Bahnhof gibt es eine Statue von ihm, die eine Replik einer Figur darstellt, welche noch zu Hachikos Lebzeiten an dieser Stelle stand, im Krieg aber eingeschmolzen wurde. Shibuya selbst ist wieder ein typisches Geflecht aus Kaufhäusern, Geschäften, Restaurants, kleineren Spielhallen und CD-Läden, gilt aber als jünger und moderner als Shinjuku.






Zusatz
Am Tag der Abreise musste ich recht früh aufstehen, um meinen Bus zum Flughafen zu schaffen. Da man ja nie weiß, wie schlimm der Berufsverkehr ist, fährt man also schon mal viereinhalb Stunden vor Abflugzeit los. Während der Fahrt machte ich dann auch ein paar Fotos, um mir die Zeit zu vertreiben. Der Verkehr war übrigens nicht sehr stark, weswegen ich also viel zu früh am Narita-Airport ankam.



Als ich beim Flughafen ankam, checkte ich natürlich erst einmal mein Gepäck ein. Ich wurde dabei aus der Reihe gewunken, damit eine süße kleine Japanerin meinen Koffer untersuchen konnte. (Ich weiß nicht, ob ich so verdächtig aussehe oder ob die das machen, weil ich bei meiner vorherigen Reise einen dicken Stapel Mangas mitnahm und damals schon auf dem Flughafen genauer überprüft wurde, weil die sich beim Röntgen keinen rechten Reim auf den Klotz machen konnten.) Ich hatte für ein paar Freunde natürlich diverse Sachen eingekauft, unter anderem zwei Eureka-Seven-Figuren. Um die in meinen Koffer zu kriegen, hab ich ihre Verpackung weggeschmissen und sie einfach oben auf meine Klamotten gelegt. Und natürlich macht die kleine Japanerin den Koffer auf, sieht die Figuren und fängt an zu lachen. Ich grinste zurück und durfte dann meinen Koffer endlich einchecken. Ich frag mich, ob sie später von mir erzählt hat in der Kantine.
Weil noch so viel Zeit war, wollte ich erst einmal was essen. Also bin ich dann zum McDonald's gegangen (es war mittlerweile 11 Uhr) und versuchte der netten Fachkraft hinter dem Tresen irgendwie begreiflich zu machen, dass ich gerne ein paar Pommes und ein paar Chickennuggets hätte. Sie gestikulierte wild, zeigte auf die Uhr und ein Papierchen, auf dem nur irgendwelcher Frühstückskram war. Die hatten aber nicht mal irgendwelche Croissants, so dass ich mir einen McMuffin hinter die Kiemen schieben musste. Ich muss immer noch würgen, wenn ich an den Geschmack denke.
Als ich dann weiter umherging, probierte ich noch einen öffentlichen Massagesessel aus. Man schmeißt 100 Yen ein, pflanzt sich in den Sessel, steckt seine Arme durch ein paar Manschetten, und dann geht's ab. Es fühlte sich an, als wenn jemand meinen Puls abdrücken wollte und mir dabei gleichzeitig ins Kreuz trat. Sehr entspannend. Ich verkniff mir dann weitere Experimente und machte ein paar Fotos auf dem Aussichtsdeck.


Irgendwann war die Wartezeit endlich vorbei und die Boeing nach London war endlich da. Ich saß ganz hinten (wollte ich so, weil da nur zwei Sitze nebeneinander sind), diesmal blieb der Sitz neben mir aber frei. Herrlich! Dafür war mal wieder der Sitz vor mir kaputt, und ein fieser Draht, der offenbar die Sitztasche versteifen sollte, ragte böse heraus, verhakte sich unter mein Hosenbein, als ich aufs Klo gehen wollte, und rupfte mir mein Bein auf. Irgendwas ist immer. In London Heathrow war mal wieder mittlere Katastrophe. Natürlich wieder die elendig langen Sicherheitskontrollen, und dann war das Wetter so schlecht, dass einer der beiden Runways nicht benutzt werden konnte, was den Flugplan up fuckte, um es mal ein bisschen englisch auszudrücken. Der Flug nach Berlin würde sich um unbestimmte Zeit verzögern, aber auf jeden Fall fliegen... Man wüsste nur noch nicht, an welchem Gate, weil das Flugzeug erst noch auf dem Weg nach London war und man nicht wusste, wann und wo es landen würde, bla bla bla. Also pflanzte ich mich erschöpft in die Wartezone und sah mit wachsender Beunruhigung, dass die Anzeigetafeln, wo die Gatenummer stand und wann man an Bord gehen darf, die Flüge nicht etwa nach der tatsächlichen Abflugzeit ordneten, sondern nach der ursprünglichen. Und während es immer später wurde, rutschte mein Flug irgendwann komplett von der Tafel, was mir innerlich und einigen anderen Mitpassagieren äußerlich so einige Panik verursachte. Irgendwann kriegte man aus der kurz vor einem Nervenzusammenbruch stehenden Informationsdame heraus, dass man zu einem bestimmten Gate gehen müsste. Oh, hab ich gehen geschrieben? Rennen. Denn das Boarding wäre schon im Gange. (Und das, obwohl keiner wissen konnte, an welchem Gate das Flugzeug sein würde.) Okay, also Tasche unter den Arm und gerannt. Auf dem Weg wurde dann noch ein anderer Passagier von Sicherheitskräften aufgehalten, die der Meinung waren, sie müssten doch spontan mal prüfen, was auf seinem Laptop wäre. Ich hatte ja auch einen Laptop dabei, insofern hab ich innerlich gejubelt, dass der Kelch an mir vorbei ging. Als wir dann alle endlich am Gate und außer Atem waren, hatte das Boarding natürlich noch nicht stattgefunden. Es war nämlich gerade erst der Reinigungstrupp an Bord gegangen. Also durften wir noch einmal zwanzig Minuten warten, bevor wir ins Flugzeug durften. Ich saß wieder neben einem dicken Menschen. Aber inzwischen war mir eh alles egal, ich war mittlerweile seit 24 Stunden auf den Beinen. Und mehr kann ich nicht erzählen. Ich weiß nicht mal mehr, wie ich dann von Tegel nach Hause kam. Vermutlich lief ich da sowieso nur noch auf Notstrom.